Vom 20. Bis 23. Mai fand schon zum zwanzigsten Mal auf Initiative von Fritz Nöpel aus Kamen der Goju-Ryu-Sommerlehrgang statt. In Kamen in NRW war es immerhin der 18. Lehrgang, nachdem die ersten beiden Jahre andere Sportstätten genutzt worden waren.

Entsprechend einer im letzten Jahr begonnenen neuen Ausrichtung des Lehrgangs wurde in diesem Jahr der eingeschlagene Weg weiterentwickelt. So war eine verstärkte Konzentration auf die Inhalte der Goju-Ryu-Stilrichtung zum Motto erhoben worden, wie sie Tomoharu Kisaki in seinem Yuishinkan Dojo in Osaka geprägt und gelehrt hat.

Ein breites Spektrum muss aus dieser Perspektive aber kein Widerspruch sein, so waren neben den Schülern aus erster und zweiter Generation nach Tomoharu Kisaki auch wieder Vertreter aus anderen Richtungen und Stilrichtungen als Trainer eingeladen. Und noch deutlicher als im Jahr 2008 wurde der von Fritz Nöpel ausgegebene Leitgedanke umgesetzt.

Viele Teilnehmer bestätigten den Eindruck, dass dieser Lehrgang mehr und mehr zu einer runden und in sich schlüssigen Veranstaltung des traditionellen Karate-Do entwickelt wurde. Diese Entwicklung wird sicher auch in den nächsten Jahren weiter Priorität haben. Neue, moderne Aspekte unter den traditionellen Vorgaben der “Alten Meister“ sind dabei nicht ausgeschlossen. Sind doch unter den jungen Nachwuchstrainern auch z.B. ausgebildete Diplom-Sportlehrer und Physiotherapeuten, die in der Lage sind,  die traditionellen Übungen mit der modernen Trainingslehre in Einklang zu bringen.

Auf der erstmals veranstalteten Sayonara-Einheit am Schluss des Lehrgangs gaben nochmals alle Trainer ein kurzes Fazit aus Ihrer Sicht und damit den Teilnehmern eine Hausaufgabe auf. Der Schnelldurchlauf unter den kritischen Augen der Meister brachte dabei die Teilnehmer nochmals ins Schwitzen, alle konnten aus diesem kleinen “Abschiedsgeschenk“ eine Schlussfolgerung ziehen: Karate-Do bietet ein breites und schier unerschöpfliches Feld des Studiums und der Weiterentwicklung von Beginn an bis ins hohe Alter - vom Kampf zur Kunst.
Nachdem im vergangenen Jahr im Rahmen des 40-jährigen Bestehens der Goju-Ryu Karate-Do Stilrichtung in Europa über 800 Kampfkünstler dem Ruf von Sensei Fritz Nöpel (9. Dan) nach Kamen zum alljährlichen Karate-Lehrgang gefolgt waren, gab es in diesem Jahr erstmals eine Beschränkung der Teilnehmerzahl. Nachdem die befreundeten Karate Vereine aus ganz Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland über verbandsinterne Organe informiert waren, setzte ein Ansturm auf die verfügbaren Plätze ein und diese waren innerhalb kürzester Zeit ausgebucht.

Die Beschränkung war von Fritz Nöpel und dem Organisationsteam schweren Herzens beschlossen worden, weil man sich aufgrund der von Jahr zu Jahr steigenden Teilnehmerzahl die Frage stellen musste, ob die Qualität der einzelnen Trainings- und Seminareinheiten nicht unter den immer neuen Rekordzahlen auf der Strecke bliebe. Die Devise Qualität vor Quantität wurde auch im Bestreben, die Trainingseinheiten zu entflechten und die Themen zu konzentrieren deutlich. Das Motto des diesjährigen Lehrganges kann mit einer Rückbesinnung auf die Anfänge der Goju-Ryu Stilrichtung und insbesondere die Ziele des Begründers des Yuishinkan Dojos in Osaka, Sensei Tomharu Kisaki umschrieben werden. Sensei Kisaki war wie viele seiner Zeitgenossen weniger an sportlichem Wettkampf als vielmehr an der individuellen Entwicklung der Karate-Ka zu Kampfkünstlern und starken Charakteren interessiert. Unter Kampfkunst verstand Sensei Kisaki in erster Linie die Kunst, sich gegen einen zumindest scheinbar überlegenen Angreifer erfolgreich zur Wehr zu setzen. Ein besonderes Merkmal hierbei war immer das unbedingte Streben nach Effektivität. Eine Vorgabe lautete zum Beispiel "Keine hohen Tritte in diesem Dojo", womit deutlich gemacht werden sollte, dass in einer realistischen Selbstverteidigungssituation der Einsatz von Techniken, die evtl. besonders spektakulär wirken leicht zum Nachteil des Verteidigers misslingen.

Die Suche nach der richtigen Verhaltensweise in der jeweils konkreten Situation spiegelt sich insbesondere in den Nage-Waza und Kumite-Ura Formen wieder. Keine dieser Formen kann und soll unter den Regeln eines sportlichen Wettkampfs geübt werden, sondern die Partner müssen versuchen, im Wechsel zwischen Angriff und Verteidigung sich gegenseitig bei der Entwicklung zu unterstützen und zu fordern. Ein nachlässig geführter Angriff kann leicht gekontert werden, führt aber auch dazu, dass der Verteidiger nicht mit aller Konsequenz die Abwehr und den Konter ausführt. In der Folge schleift sich so womöglich eine Laschheit ein, die in der realen Situation dann zu Misserfolg führen würde.

Die Trainer des diesjährigen Lehrgangs setzten das Motto individuell mit unterschiedlichen Schwerpunkten um. Die authentischste Variante des Yuishinkan Karate-Do wurde neben Fritz Nöpel von Lutz Kleemann geboten. Lutz hatte, nachdem er in den 70er Jahren die ersten Karate-Lektionen in Deutschland von Fritz erhalten hatte, die Gelegenheit zu einem mehrmonatigen Aufenthalt in Osaka, wo er unter Tomoharu Kisaki trainierte. Später siedelte er auf die Philippinen um, wo er ein eigenes Dojo leitet und die Yuishinkan-Fahne in seiner Wahlheimat hoch hält.

Ulrich Schlee aus Ochtrup, ebenfalls eng verbunden mit dem Yuishinkan, zeigte in seinen Einheiten die Anwendungen der spezifischen Techniken, wie sie in Kumite-Ura, Nage-Waza und Bunkai Formen trainiert werden, unter realistischen Bedingungen. Selbstverteidigung, wie sie aus der Sicht eines Profis wirksam und angemessen angewendet werden sollte.

Aber auch die Trainer, die aus anderen Stilrichtungen eingeladen waren, fügten sich nahtlos in das Konzept und bewiesen damit einmal mehr, dass am Ende nicht der Stil entscheidend ist, sondern die individuelle Einstellung zum Training und zum wahren Geist des Karate-Do.

Im Rahmen der Jubiläumsfeier zum 40-jährigen Bestehen der Goju-Ryu Karate-Do Stilrichtung in Europa mit ihrem wichtigsten Vertreter, Herrn Fritz Nöpel als Kamener Bürger und Karate-Großmeister waren zu dem begleitenden Karate Lehrgang und den Feierlichkeiten 10 hochdotierte Karate-Trainer aus Japan angereist. Über 800 Kampfkünstler waren dem Ruf von Fritz Nöpel gefolgt und unterzogen sich unter der Leitung der Japaner und mehr als 15 weiterer Trainer aus dem In- und Ausland in über 50 Trainingseinheiten anspruchsvollen Lektionen.

In den Sporthallen der Gesamtschule Kamen war in 4 Tagen "40 Jahre Goju-Ryu Karate-Do aus dem YUISHINKAN in Deutschland" das Motto.

Am Samstag (19.Mai) gab es in Halle I ab 15.30 Uhr im Beisein des Kamener Bürgermeisters Herrn Hupe, der japanischen Gäste und der Vertreter der Karate Landes- und Bundesverbände eine Karate-Do Vorführung. Besonders die traditionellen Trainingsinhalte mit den Partnerformen, in denen verschiedene Situationen der Selbstverteidigung gezeigt wurden, beeindruckten die vielen Zuschauer. Die Konzentration der Vorführenden vom Karate-Do Club Kamen/Bergkamen und vom PSV Dortmund erzeugte eine Spannung, der sich die Gäste und Zuschauer nicht entziehen konnten. Man hätte während der Vorführungen eine Stecknadel in der Halle fallen hören können. Gelöst wurde die Spannung jeweils durch den karatetypischen Kampfschrei Kiai, der zu jeder Technik den Höhepunkt bildet. Bei den besonders spektakulär wirkenden Techniken ging ein Raunen durch die Menge und mancher mag sich gewundert haben, dass der soeben besiegt am Boden liegende Angreifer kurz darauf wieder unversehrt aufstehen und sich vor seinem Opponenten, den japanischen Gepflogenheiten entsprechend, in aller Höflichkeit verbeugen konnte. Hier wurde deutlich eines der Prinzipien des Karate-Do dargestellt, nämlich dass das Erlernen von Selbstverteidigungstechniken im Partnertraining und die perfekte Beherrschung eines potentiellen Angreifers nur unter der Prämisse der Selbstdisziplin und Selbstkontrolle möglich ist. Nur wer sich selbst unter Kontrolle hat, kann auch einen Gegner ggf. kontrollieren und damit von einem Angriff abbringen. Im Partnertraining heißt das, selbst bei hartem Körpereinsatz die Kontrolle nie zu vernachlässigen, weil es sonst schnell zu auch ernsthaften Verletzungen kommen kann.

Die hohe Zahl der Meldungen zu den Dan-Prüfungen (Schwarzgurt) lies den Veranstalter nach einer Ausweichmöglichkeit für diesen Lehrgangsteil suchen. In den Sporthallen der RAG BILDUNG GmbH im Bildungszentrum Bergkamen wurde ein würdiger und überaus zweckmäßiger Rahmen gefunden. Aus Kamen traten Alf Lehmann zum 3. Dan und Hans-Jürgen Mesters zum 1. Dan an und konnten mit Ihren Leistungen überzeugen. Alf Lehmann wurde zudem als bester Prüfling mit dem "Technikerpokal" besonders ausgezeichnet. Damit hat der Kamener Verein wieder einmal seine Ausnahmestellung im Goju-Ryu Karate-Do bewiesen und ist stolz, einen weiteren höher graduierten Trainer aufweisen zu können.

Bei nur zwei Ausfällen, d.h. 2 von 48 Prüflingen, die leider nicht das Ziel erreichten, war das Niveau insgesamt sehr hoch und auch die Kampfkunst-Großmeister aus Japan waren sehr beeindruckt.