Sensei Fritz Nöpel ( 9.Dan ) entführte die rund 30 Teilnehmer des Dansha-Lehrgangs in das alte China. Kampfkunstschüler stellten sich bereits vor der Aufnahme bei einem Meister einer Prüfung. Der Meister wollte sicher gehen, dass sich eine Ausbildung lohnt und dieser Schüler sein Vertrauen verdient. Erst wenn ein Schüler von seinem Lehrer nichts mehr lernen konnte, wurde er von diesem ermutigt, sich einen neuen Meister zu suchen und neue Wege zu beschreiten. Bis dahin vergingen Jahre und die Beziehung zwischen Meister und Schüler war nicht nur durch Lehren und Lernen geprägt, sondern auch durch Vertrauen und Respekt voreinander. Die Ausbildung umfasste nicht nur die Entwicklung des Körpers und der Kunst des Kämpfens, sondern auch des Geistes und Charakters. Der Konfuzianismus, sowie Buddhismus spielten hierbei eine große Rolle. Im Laufe der Zeit haben sich die Ausbildung und ihr Stellenwert in der Gesellschaft geändert. Aber auch noch heute streben Karateka (und andere Budoka) über den Weg der Kampfkunst und dem Dojokun danach, zum Mensch zu werden. Mit der Prüfung zum 1. Dan sind sie als Schüler auf ihrem weiteren Weg aufgenommen und noch lange keine Lehrer. Anhand dem Verständnis für die Kata in den einzelnen Dan-Stufen, erläuterte Fritz Nöpel, wie eine Entwicklung bis zum 6.Dan verlaufen sollte. Der Zugang zur Kata ändert sich im Verlauf der Karate-Entwicklung und führt dazu, dass man über das Suchen, Fordern und Ordnen, die wahre Form erkennt. Im praktischen Teil wurden dann die Kata Seeinchin und Sanseru unter dem Gesichtspunkt für den 1. Dan gelaufen und der Partner wies auf Fehler hin. Aber was ist Falsch und was ist Anders? Welche Kriterien müssen unbedingt erfüllt werden? Welchen Sinn haben die Bewegungen? Welche Rolle spielen die Stellungen? Schnell entwickelten sich Diskussionen und manch einer geriet in Erklärungsnot, ob seiner Version der Kata.

Im letzten Teil des Lehrgangs ging Martin Nienhaus (4.Dan Shotokan, 4.Dan SOK) auf die chinesischen Wandlungsphasen ein. Anhand der Eröffnungssequenz der Kata Nijushiho, erläuterte er die Bedeutung der Elemente Wasser, Erde und Feuer. Dabei hat jede Wandlungsphase eine bestimmte Form von Energie, die bei der Anwendung eingesetzt wird. Wasser fließt und Angriffenergien werden aufgenommen, weitergeleitet und Konter erfolgen in der Bewegung. Erde dagegen ist ein Element, das durch seine Kraft und Härte überzeugt. Kraftvolle, durchschlagende Techniken sind hier entscheidend. Auch das Feuer wirkt zerstörerisch, aber viel schneller als das Element Erde. Mit Feuer ergreift man sofort die Initiative und geht in den Angriff hinein, bevor er stattfindet. Im weiteren Verlauf des Lehrgangs ging es nun darum, diese 3 Elemente in der Kata Seeinchin umzusetzen.

Die beiden Referenten machten deutlich, dass die Auseinandersetzung mit der kämpferischen Form der Kata unendlich viele Möglichkeiten bietet. Ihre sinnvolle Anwendung unter Berücksichtigung der eigenen Fähig- und Fertigkeiten, lässt das Studium der Kata nie langweilig werden und stellt immer wieder eine Herausforderung dar. Die individuelle Entwicklung darf aber nicht dazu führen, die Kata nach seinen Wünschen zu verändern. Die  Urform  muss  beibehalten werden und  soll  auch  so, nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. 
                                                                                                    


Im ersten Teil dieses Lehrgangs berichtete Fritz Nöpel von vorherigen Prüfungen und welche Bereiche verbesserungswürdig sind. Dabei zeigte er anhand des Kogan Uke, der zur Eröffnungssequenz einer jeden Kata gehört, welche Fehler gemacht werden können. 5 Teilnehmer zeigten ihre Version und es war jeweils eine andere. Nicht unbedingt Falsch, aber Kleinigkeiten konnten verbessert werden, so dass bei einer Prüfung bereits der Anfang den Prüfer überzeugt und keine Fragen offen lässt. Die saubere und korrekte Ausführung des Anfangs oder Endes einer Kata gehören nicht in den Bereich der besonders schwierigen Aufgaben, im Gegensatz zu einigen Passagen in der Kata selbst. Als Prüfer kann man also schon hier erkennen, ob Fleißarbeit betrieben wurde und man sich um die Bedeutung dieser Sequenzen Gedanken gemacht hat. Sensei Nöpel forderte die anwesenden Prüfer auf, gerade auch als B-Prüfer, mehr auf solche Sachen zu achten und ihre eigenen Prüflinge dementsprechend vorzubereiten.

Im zweiten Teil, der von Christian Winkler geleitete wurde, ging es dann um die Beurteilung der Prüflinge vom 9. Kyu bis Dan. Was unterscheidet zum Beispiel einen Gyaku Zuki zum gelben Gürtel und zum 1.Dan. Was sollte erstrebenswertes Ziel sein und wo können in den einzelnen Stufen dahin, Abstriche gemacht werden. Karate zu lernen ist ein langwieriger Prozess und man kann nicht direkt am Anfang des Studiums perfekte Techniken erwarten. Aber für einen Prüfer oder natürlich auch Dojo-Leiter, ist es wichtig, zu erkennen, wann eine Entwicklung in die richtige Richtung geht und dies dann zu fördern. Dabei sollen die Techniken von Anfang an von den verantwortlichen Trainern richtig gezeigt werden, auch wenn das hochgesteckte Ziel noch nicht erreicht werden kann. Auf weniger schwierige, weil oft geübt oder in der Bewegung nicht so komplizierte Bewegungsabläufe, sollte besonderes Augenmerk gelegt werden. So z.B. die Mawate Formen im Kihon-Ido, die sich, egal welche Kombination gelaufen wird, immer wiederholen. Hier  können Timing, Körperbeherrschung, Spannung und Bereitschaft, auch schon in den unteren Gürtelgraden gezeigt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, und da waren wieder die Dojo-Leiter angesprochen, ist das Bewusstsein um die Funktionalität der Technik. Den Schülern soll regelmäßig vermittelt werden, wie Kihon-Ido auch am Partner umgesetzt werden kann. Dadurch bekommt man ein besseres Gefühl für die Technik und kann dies auch besser im Ablauf des Kihon-Ido zeigen. Mit diesem Verständnis sollte dann auch in den Partnerübungen gearbeitet werden, die egal in welcher Stufe, den kämpferischen Charakter des Karate auch zeigen sollen. Dabei sollten die Bewegungen zu jeder neuen Graduierung immer fließender werden.

Das Ziel der Ausbildung eines Karateka bis hin zum Meistergrad, sollte als ganzheitliche Ausrichtung als Kampfkünstler gesehen werden. Ob der Winkel des vorderen Fußes im Sanchin Dachi 50°, 45° oder 40° beträgt ist nicht das entscheidende Kriterium, sondern ob aus dieser Stellung eine gute Technik abgegeben und der Körper entsprechend eingesetzt werden kann.

Unter der Leitung von Christian Winkler wurde das für die Oberstufe ausgerichtete Sommerferientraining, bereits zum 10. Mal für die Mitglieder des KKB (und Gäste) angeboten. In diesem Jahr stand es unter dem Motto:“ Es scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass Karate an sich das Schwierige des Ganzen ist.“ So führte er die Teilnehmer immer wieder über die Grundlagen zu schwierigeren Kombinationen, die dann auch z.T. in eigener Regie weitergeführt werden durften. Dabei zeigte sich sehr deutlich, dass ein Pratzentrainingmangeldes Verständnis der grundlegenden Technik dazu führt, dass weitere Aktionen nicht möglich sind oder ebenfalls falsch ausgeführt werden um die Fehler zu überbrücken. Nicht das „Höher, Schneller, Weiter“ ist entscheidend, sondern das Beherrschen der Grundlagen. Um ein Gefühl für die richtige Anwendung zu bekommen wurde neben dem Partner, auch an Pratzen geübt, um seine Techniken kritisch betrachten zu können.                       

Ein weiterer Schwerpunkt des Trainings war das Loslösen vom langen Verharren in der Technik. Desto schneller man die Spannung wieder löst, desto schneller können auch Folgetechniken ausgeführt werden. Dabei darf die Effektivität nicht auf Kosten der Schnelligkeit verloren gehen. Nichts Neues, aber schwer umzusetzen.
Sechs Wochen Training ohne eine neue Kata, keine spektakuläre Bunkai-Form oder die absolut perfekte Kombination für die Selbstverteidigung. Aber harte Arbeit an den Grundlagen, ohne deren Verständnis die Kata nur zur leeren Form wird, die Bunkai nicht wirksam und man bei der Anwendung nur hoffen kann, dass man sich nicht selbst verteidigen muss.