Am 07.03.2010 war Kamen wieder einmal Ort eines stillen, aber äußerst lehrreichen Goju-Ryu-Lehrgangs. Christian Winkler ( 5.Dan ) als Lehrgangsleiter und Tobias Zöllner ( 4.Dan ) als sein Assistent, durften 25 Karateka begrüßen, die der vagen Ausschreibung „Prüfungsvorbereitung ab 5.Kyu“ gefolgt waren.

Nähe suchen bei der SelbstverteidigungVom 5. Kyu bis zum 5.Dan waren alle Graduierungen vertreten, so dass Christian die Prüfung zum Shodan als Schwerpunkt nahm. Der Shodan, schon für einen 5.Kyu ein Ziel, dass bald zum Greifen nah sein kann und für diejenigen, die diese Hürde schon genommen haben und in verantwortlicher Position im Dojo stehen, eine ganz besondere Verantwortung im Umgang mit ihren Schülern, die dieses Ziel anstreben. Doch nicht der eigentliche Inhalt der Prüfung stand im Vordergrund, sondern der Weg dahin. So hatten die Aussagen und Tipps von Christian einen allgemeingültigen Charakter und können auf alle Prüfungen angewandt werden: Wie man die Kondition für die Kihon Ido-Kombinationen steigern kann; wie man selbstsicherer in der Katavorführung wird; welchen Partner man zur Prüfung nehmen sollte; was ist wichtig für die Selbstverteidigung und Partnerformen; welche Maßnahmen kann man ergreifen, wenn etwas mal nicht klappt. Als erfahrener Übungsleiter und A-Prüfer konnte er sehr gut verdeutlichen, mit welchen Augen ein Prüfer die Akteure beurteilt und auf was es ihm ankommt. Natürlich hatten die Teilnehmer auch Gelegenheit praktisch zu arbeiten. So konnten sie Kata und Partnerformen üben und Christian und Tobias gaben Tipps zur richtigen Ausführung.





Das besonderes Highlight des Tages kam dann in der letzten Hälfte des Lehrgangs:Makiwara Einweisung
Christian erläuterte an den vereinseigenen Makiwara, wie man sich im eigenen Dojo  mit einfachen Mitteln ein sicheres Makiwara bauen kann. In den meisten Turnhallen gibt es im Boden Löcher für die Reckstangen, die sich besonders gut für das Aufstellen eines Makiwara eignen. Im Kamener Dojo läßt sich eine Seite einstellen, so dass der Fuß des Makiwara mit Hilfe eines Vierkantschlüssels fest verankert werden kann. Er beschrieb, aus welchen Materialien ein Makiwara wie die vereinseigenen hergestellt werden kann und welche Erfahrungen er damit im regelmäßigen Umgang gemacht hat. Bevor Christian die Makiwara für die allgemeine Nutzung freigab, betonte er, wie wichtig ein langsames herantasten an dieses Trainingsgerät sei. Ein Makiwara ist nicht zu vergleichen mit einer Pratze oder einem Schlagpolster und für Anfänger eher ungeeignet. Es erfolgt ein viel härterer Kontakt und die Kontrolle bei der Ausführung der Technik ist enorm wichtig, um Verletzungen zu vermeiden. Nach soviel Theorie durften dann auch mal die Teilnehmer ausprobieren, wie es sich anfühlt, auf ein Makiwara zu schlagen. Zuerst wurde mit Gyaku Zuki, danach mit Oi Zuki geübt. Um ein optimales Ergebnis zu erhalten, sollte man mit dem agierenden Arm frontal zum Makiwara stehen und nicht mit dem Körpermittelpunkt. Christian zeigte danach noch einige andere Techniken, die am Makiwara geübt werden können, wobei sich die Auswahl, bis auf den Mawashi Geri, auf Hand- und Armtechniken beschränkt. Trotzdem ist ein feststehendes Makiwara eine gute Ergänzung zum Training, um die Technikausführung zu verbessern. Um sich darüber hinaus noch weiterzubilden verteilte Christian zum Abschluss noch Literaturtipps. Bücher, leider in englischer Sprache, die die beiden Themen des Lehrgangs behandeln: Weiterführende Informationen im Umgang mit Trainingsgeräten die begleitende Übungen unterstützen und welchen Weg man zum schwarzen Gürtel einschlagen kann.

 

 

Auch zum letzten Dansha-Lehrgang für das Jahr 2009, konnte Sensei Fritz Nöpel wieder viele Dan-Träger und –Anwärter in Kamen begrüßen. Es waren 40 Karateka angereist, die bei ihm und seinen Gast, Martin Nienhaus (4.Dan Shotokan) auf ihrem weiteren Karate-Weg etwas lernen wollten. Den ersten Teil des Lehrgangs bestritt Sensei Nöpel. Nicht zum erstenmal betonte er die Unterscheidung von Trainer und Lehrer. Der Lehrer, der auf die unterschiedlichen Schüler eingeht und mit Lob, sowie Tadel maßvoll umgehen kann. Der ein Auge für die Fehler seiner Schüler hat und auch erkennt, wenn seine Bewegungen zwar noch nicht richtig sind, er aber auf dem richtigen Weg ist. Der für seine Schüler eine Vertrauensperson ist, die seinen sportlichen Weg  begleitet und ihn in die richtige Richtung führt. Das dies nicht immer einfach ist, musste Sensei Nöpel aber zugestehen. Oftmals sind Dojo-Leiter gezwungen, mit einem 1. Kyu oder 1. Dan ein Dojo weiterzuführen. Obwohl vielleicht eine technische Qualifikation vorhanden ist, fehlt es eventuell an Führungsqualitäten und eine mangelnde technische Ausbildung kann nicht von guter Menschenführung ausgeglichen werden. Es gilt also, beides zu entwickeln und zu fördern. Um Karateka Hilfen und Anregungen zu geben, hat Sensei Nöpel bei diesem Lehrgang mit praktischen Übungen zu diesem Thema begonnen und wird dies im nächsten Jahr fortführen. An diesem Tag stand die Begutachtung von Selbstverteidigungstechniken im Vordergrund. In kleinen Gruppen wurden die Techniken vorgezeigt und analysiert. Fehler wurden  aufgezeigt und Verbesserungsvorschläge gemacht. Oder Abläufe gelobt, wenn sie wirkungsvoll und durchdacht waren.
Drache 1Drache 2
Nach der Pause übernahm Martin Nienhaus und die Thematik änderte sich.  Qi, Energieübungen und die Bildersprache der Kata standen nun auf dem Programm. Nach relativ ungewöhnlichen ( jedenfalls für die Anwesenden ) Aufwärmübungen ging es dann in den Bereich der Energieübungen. Fließende, harmonische Bewegungen sind für einen Karateka in der Regel schnell und enden hart. Jetzt wurde aber genau das Gegenteil gefordert. Mit der Atmung langsame Bewegungen ausführen, ohne Kraft und Kime. Das dies nicht gerade einfach ist, aber wie so vieles einfacher aussieht, konnten die Teilnehmer am eigenen Leib erfahren. Am Beispiel der Kata Bassai Dai zeigte Martin dann auf, wie man sich mit Hilfe von Bildern einen anderen Zugang zur Kata verschaffen kann und vielleicht so besser einzelne Sequenzen behält. Er wählte dafür den Drachen und erklärte einzelne Passagen mit „drachentypischen“ Techniken. Ein Blick über den Tellerrand der besonderen Art. Er hat Appetit auf mehr gemacht.

Einsatz von Körperwaffen
Hanshi Fritz Nöpel gab am 22. November in der RAG-Sporthalle Bergkamen einen Breitensportlehrgang zum Thema Kobudo.
Als Assistent stand ihm Alf Lehmann (3. Dan Goju-Ryu) hilfreich zur Seite.
Der erste Teil wurde von Alf geleitet, derweil Sensei Fritz Nöpel die Teilnehmer  aus dem Hintergrund beobachtete. Alf kam es darauf an, die Karateka zu flüssigen Abwehr-Konter-Kombinationen zu führen. Es sollten zuerst einmal die eigenen Körperwaffen zum Einsatz kommen. Hierzu gab er eine Übung vor: Abwehr mit Dreierkontakt - Abwehr Yoko-Uke auswärts, Weiterführung mit Yoko-Uke einwärts und nochmals Weiterführung auswärts mit Haraiotoshi-Uke um dann übergangslos mit Oi-Zuki Chudan zu kontern. Alf mahnte immer wieder eine flüssige und dynamische Ausführung an. Als zweite Übungs-Kombination hatte Alf die folgende gewählt: Age-Uke mit offener Hand gegen angreifenden Furi-Uchi, weiterleiten und mit Furi-Uchi den Partner seinerseits angreifen. Nun waren die Teilnehmer bestens präpariert, um aus diesen Übungs-Kombinationen praktische Selbstverteidigungs-Praktiken zu entwickeln. Die Zielvorgabe von Alf Lehmann lautete: Eine Abwehraktion sollte von mindestens zwei, besser drei, wünschenswert vier oder mehr Konter-Aktionen gefolgt sein. Alf betonte insbesondere auf ein Ineinanderfliessen der Techniken unter kontinuierlicher Ausatmung zu achten. Die Abwehr-Konter-Kombinationen muss wie aus einem Guss vorgetragen werden.

 

HanboNach einer kurzen Mittagspause mit Kaffee und süssen Appetithappen übernahm dann Fritz   Nöpel die Leitung und stieg in das Hauptthema des Lehrgangs ein. Als Einstieg ließ er eine Partnerübung mit Bambusstock als Messer-Attrappe ausführen. Das Ergebnis war für die Teilnehmer ausnahmslos desillusionierend: Die Chancen, gegen einen entschlossen vorgetragenen Messer-Angriff zu bestehen, tendierten gegen null. Bei einem Gegenangriff mussten schwerste  Verletzungen in Kauf genommen werden. Jedoch ließ Fritz Nöpel die Teilnehmer nicht in ihrer Frustration allein, sondern zeigte Lösungswege auf. Der Schlüssel zur Lösung des Problems lag darin, einen Distanzvorteil zu gewinnen, beispielsweise durch Hilfsmittel wie Gehstock oder Regenschirm (Hanbo lässt grüssen). Kann ich also meinerseits eine Waffe dagegen setzen, die eine deutlich grössere Reichweite als die des Gegners hat, wendet sich der Vorteil zu meinen Gunsten, auch obwohl ein Stock nicht die Schärfe und Durchdringung eines Messers hat. Immer unter der Voraussetzung, dass ich mit meiner Waffe vertraut bin und sie beherrsche gilt: Reichweite rangiert vor Kampfkraft. Überspitzt formuliert hiesse das: Mit einem Garten-Rechen kann ich auch einen Bemesserten auf Abstand halten. In den Bauern-Kriegen des Deutschen Mittelalters waren selbst Knechte mit langen Dresch-Flegeln ernst zu nehmende Gegner. 
Der zweite Aspekt, der Fritz Nöpel in diesem Zusammenhang wichtig war lautete, die Waffe nicht als Gegenstand zu begreifen, sondern wie mit einer Prothese mit ihr eins zu werden und als solche anwenden. Auch mahnte Fritz Nöpel, nicht auf die eigene Waffe (Hanbo) fixiert zu sein, und die eigenen Körperwaffen nicht zu vernachlässigen. Seine Empfehlung lautete, mögichst als Abschluss-Technik noch einen Mae-Geri zu setzen. Anschliessend wurden konkrete Situationen zum Thema Selbstverteidigung mit dem Hanbo geübt: Stockschlag zum Kopf, Stockhieb zur Schläfe, Stockhieb und das Griffsprengen.
Zum Abschluss durfte nochmal richtig „Gas gegeben“ werden, beim beliebten Shinai-Kumite, einer Reaktionsübung aus sieben schnell aufeinanderfolgenden wechselseitigen Angriffen. Hierbei zeigte sich, wie enorm der Kiai die eigene Entschlusskraft befeuert. Als Ausklang folgte noch Historisches aus dem alten Japan.