Ca. 25 Dan-Träger und –Anwärter  aus dem gesamten Bundesgebiet waren angereist, um sich in ihrem Karate weiterzubilden. Mit Martin Nienhaus ( 4. Dan Shotokan ) und Alf Lehmann ( 3.Dan Goju Ryu ) trafen die Teilnehmer auf zwei Referenten aus verschiedenen Stilrichtungen, die in ihren jeweiligen Stilen arbeiteten und Techniken daraus demonstrierten. Ein interessanter Blick über den Tellerrand, mit der Erkenntnis: “...dass überall nur mit Wasser gekocht wird.“

In Kamen ist das Honbu Dojo des Goju-Ryu in Deutschland und deswegen sind bei Dansha-Lehrgängen auch meistens Vertreter dieser Stilrichtung anzufinden. So auch an diesem Sonntag. Groß war natürlich die Überraschung, als Martin den Anwesenden zwei typische Shotokan-Stände erklärte und dies im Kihon einforderte. Dazu ist zu sagen, dass durch Erklärungen vieles verständlicher wurde. Die langen Stände im Shotokan sind nämlich auf die Ausführungen von Azato Anko zurückzuführen, der auch ein Meister des Kenjutsu war und die langen Stände in sein Karate mit einbrachte. Lange Stände, weil das scharfe Schwert vor dem Körper geschwungen wurde und mit einem
Schnitt oder Schlag die ganze Angriffsenergie übertragen wurde. Hier ging es darum konsequent den Gegner zu durchdringen und eine Gegenwehr zu verhindern. Nichts, was es nicht auch im Goju-Ryu gibt, nur wird hier kürzer gearbeitet. Um ein Gefühl für die Grundstellungen zu bekommen, wurden die Stände Kokutsu-Dachi sowie Zenkutsu-Dachi in der Shotokan Form geübt. Einen Kokutsu-Dachi sucht man im Goju-Ryu vergeblich und so passierte es oft, dass in den altbekannten Shiko-Dachi gegangen wurde, aber das war nicht das Ziel. Beim Shiko-Dachi lässt man sich in einen satten Stand fallen, um den Angreifer zu unterlaufen. Anders dagegen der Kokutsu-Dachi, bei dem durch Ausweichen Distanz aufgebaut wird, um eine optimale Position für einen starken Zenkutsu zu bekommen. Dazu wurde nach einer Einarbeitungsphase dann auch am Partner geübt. Kokutso-Dachi ausweichen, Shuto Uke/Uchi zum Arm, überwechseln zum Zenkutsu-Dachi mit Konter zum Kopf. 
Als Alf dann übernahm, wurde die Kombination aus dem Goju-Ryu genommen. Natürlich wählte er einen kurzen Stand, nämlich den Neko-Ashi- Dachi. Jeder Oberstufenschüler kennt die Kombination aus dem Prüfungsprogramm und so wurde sie dann angewendet. Ausweichen Neko- Ashi-Dachi mit Kake Uke oder Shuto Uchi, Shisai Mawashi Geri oder Mae Geri und jetzt wurde es interessant, die Sache zum Abschluss bringen! Zwei verschiedene Systeme, aber das gleiche Ziel.

Nach der Pause brachte Alf die Teilnehmer mit einfachen Übungen gut ins Schwitzen. Was einfach aussah, entpuppte sich für viele als kompliziert, als es darum ging einen Furi Uchi mit  Block, Übernehmen und Weiterleiten zu entschärfen.

An den Pratzen durfte geübt werden, wie ein Empi aus kurzer Distanz am effektivsten ist. Auch hier sah es bei weitem einfacher aus, als es schließlich am Objekt umzusetzen war. Hinterher ging es wieder in den Bereich der langen Distanz und Martin zeigte am Beispiel der ersten Schritte der Kata Kanku Sho, wie es auch mit einem Kokutsu Dachi möglich ist, die Hauptenergielinie des Angreifers zu schneiden und sich schließlich in eine gute Verteidigungsposition zu bringen.

Egal in welchem System gearbeitet wurde, waren es immer dieselben Erkenntnisse, die wie ein roter Faden diesen Lehrgang durchzogen: ein guter Stand, richtige Distanz und den Willen, mit aller Konsequenz den Angreifer mit einer Technik zu durchdringen. Man muss die Möglichkeiten in seinem System erkennen und nutzen.

Am Sonntag den 17. Januar 2010 fand zum 27. mal das klassische Wintertraining statt.
Wie die Jahre zu vor bestand der erste Teil aus einem grossen Block von Karatetechniken und Konditionsübungen.
Nach 1000 Zuki, 1000 Mae-Geri, 250 Udetate und 250 Haratekki und einer kleinen Pause
wurden anschließend noch Kumite-Ura mit dem Partner trainiert. 


Wintertraining 2010

Vom 20. Bis 23. Mai fand schon zum zwanzigsten Mal auf Initiative von Fritz Nöpel aus Kamen der Goju-Ryu-Sommerlehrgang statt. In Kamen in NRW war es immerhin der 18. Lehrgang, nachdem die ersten beiden Jahre andere Sportstätten genutzt worden waren.

Entsprechend einer im letzten Jahr begonnenen neuen Ausrichtung des Lehrgangs wurde in diesem Jahr der eingeschlagene Weg weiterentwickelt. So war eine verstärkte Konzentration auf die Inhalte der Goju-Ryu-Stilrichtung zum Motto erhoben worden, wie sie Tomoharu Kisaki in seinem Yuishinkan Dojo in Osaka geprägt und gelehrt hat.

Ein breites Spektrum muss aus dieser Perspektive aber kein Widerspruch sein, so waren neben den Schülern aus erster und zweiter Generation nach Tomoharu Kisaki auch wieder Vertreter aus anderen Richtungen und Stilrichtungen als Trainer eingeladen. Und noch deutlicher als im Jahr 2008 wurde der von Fritz Nöpel ausgegebene Leitgedanke umgesetzt.

Viele Teilnehmer bestätigten den Eindruck, dass dieser Lehrgang mehr und mehr zu einer runden und in sich schlüssigen Veranstaltung des traditionellen Karate-Do entwickelt wurde. Diese Entwicklung wird sicher auch in den nächsten Jahren weiter Priorität haben. Neue, moderne Aspekte unter den traditionellen Vorgaben der “Alten Meister“ sind dabei nicht ausgeschlossen. Sind doch unter den jungen Nachwuchstrainern auch z.B. ausgebildete Diplom-Sportlehrer und Physiotherapeuten, die in der Lage sind,  die traditionellen Übungen mit der modernen Trainingslehre in Einklang zu bringen.

Auf der erstmals veranstalteten Sayonara-Einheit am Schluss des Lehrgangs gaben nochmals alle Trainer ein kurzes Fazit aus Ihrer Sicht und damit den Teilnehmern eine Hausaufgabe auf. Der Schnelldurchlauf unter den kritischen Augen der Meister brachte dabei die Teilnehmer nochmals ins Schwitzen, alle konnten aus diesem kleinen “Abschiedsgeschenk“ eine Schlussfolgerung ziehen: Karate-Do bietet ein breites und schier unerschöpfliches Feld des Studiums und der Weiterentwicklung von Beginn an bis ins hohe Alter - vom Kampf zur Kunst.